Nachhaltigkeit steht für verantwortungsbewussten Umgang mit den Ressourcen der Erde. Doch haben Unternehmen angesichts rezessiver Entwicklungen aktuell überhaupt noch Ressourcen für Sustainability? Ulrich Müller-Steinfahrt gibt Einblicke.
Regularien, Kunden, Arbeitnehmende: Seit Jahren sind Unternehmen von allen Seiten gefordert, Nachhaltigkeit als Top Priority zu führen. Nach umfassenden Investitionen stellt sich jedoch immer präsenter eine Frage: Was nun? Denn angesichts rezessiver Tendenzen und des einsetzenden Überlebensmodus hadern Betriebe zunehmend mit ökologischer Nachhaltigkeit sowie der Verschiebung unternehmerischer Zielgrößen. Auch in der Regulatorik zeichnen sich Ansätze eines leichten Zurückruderns ab. Ulrich Müller-Steinfahrt, Leitung Institut für angewandte Logistik an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt, über eine neue Sicht auf Sustainability.


Perspektivenwechsel
Die äußere Wahrnehmung ist noch klar geprägt: Nachhaltigkeit wird zunächst meist mit ökologischen Aspekten in Verbindung gebracht. Die beiden anderen Sustainability-Säulen Ökonomie und Soziales rücken erst jetzt – da es das Marktumfeld fordert – zunehmend in den Vordergrund. Die Sicherung des Betriebs steht in Zeiten der Krise an primärer Stelle, um im zweiten Schritt überhaupt Mitarbeitenden den Lebensunterhalt sichern plus die Umwelt schützen zu können. Unternehmen bleiben demnach nachhaltig, der Fokus verlagert sich lediglich von ökologischen auf ökonomische sowie soziale Gesichtspunkte.
Priorität oder Pause
Klar ist, dass bereits getroffene Maßnahmen wie Flottenumstellung, Konzepte zur Auslastungsoptimierung von LKW, Plattformen oder Kooperationen auf dem wirtschaftlichen Gesundungspfad nicht reversiert werden. Initiativen, die hingegen kurz bevorstehen, sollten noch genauer geprüft, gegebenenfalls modifiziert und jedenfalls ökologische um ökonomische Faktoren ergänzt werden. Steigende Popularität erfahren derzeit auch Konzepte zur Prozessoptimierung in der Innensicht wie Lean Management. Nicht außer Acht zu lassen ist außerdem weiterhin der gravierende Fachkräftemangel sowie folglich die Positionierung als nachhaltiges Unternehmen mit sinnvollen Aufgaben als Attraktor für Talente.

Gesunden dann durchstarten
Auch wenn Nachhaltigkeit in der Prioritätenliste nach unten gerutscht ist: Es wird weiterhin keine Option geben, ökologische Aspekte dauerhaft wegzuschieben. Gleichzeitig honorieren Kunden weiterhin nachhaltige Investitionen. Es gilt daher, gestärkt aus der fordernden Phase herauszugehen und die damit einhergehende strukturelle Veränderung des Marktes bestmöglich zu nutzen. „Die Entwicklung einer ökonomisch stabilen Ausgangssituation ist essenziell, um in Zukunft wieder in ökologische Nachhaltigkeit investieren zu können“, ist Ulrich Müller-Steinfahrt überzeugt.