Zukunft Silver Bullet für die Antriebsformen?

Sie sind eine unumgängliche Challenge für die Transportlogistik: alternative Antriebsformen. Ob es eine universelle Lösung für den Kraftstoff der Zukunft gibt, erörtern wir mit Bernhard Geringer von der Technischen Universität Wien TUW.

Die Welt befindet sich in einer umfassenden Energiewende. Eine der essenziellen Folgen, besonders auch in der Logistik spürbar, ist der Vormarsch neuer Energieoptionen. Die bereits jetzt durch die Gesetzgebung definierten Umweltschutzziele bis hin zum Green Deal zur kompletten CO2-Freiheit erfordern ein ganzheitliches Umdenken in der Gestaltung des Güterverkehrs. Denn die drastische Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen in den kommenden Jahren ist mit traditionellen Konzeptionen nicht erreichbar. Ob es ein universelles Patentrezept für den Antrieb der Zukunft gibt, wollen wir von Bernhard Geringer, Vorstand des Instituts für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik an der Technischen Universität Wien TUW wissen.

Ausdrücklicher Anreiz

Bereits die üblichen logistischen Ziele wie Schnelligkeit, Effizienz und Präzision sind herausfordernd. Hinzu kommt gegenwärtig die immer intensiver gewünschte Gewichtung des Umweltschutzes. Die daraus resultierenden CO2-Strafsteuern sowie andere Sanktionen, beispielsweise Einfahrtsbeschränkungen in Städten, üben immensen Druck auf die Transportlogistik aus. Denn zusätzlich zu den gesetzlichen Regularien werden die Kosten für das Beibehalten traditioneller Antriebsformen so weit steigen, dass die Umstellung auf nachhaltige Energien in jedem Fall der wirtschaftlichere Weg ist. Begleitende Maßnahmen wie vergünstigte Mautgebühren oder Steuerentlastungen sollen den Umstieg attraktivieren.

Von „Tank to Wheel” zu „Well to Wheel“

Die CO2-Bilanz eines Fahrzeugs wird üblicherweise über den am Auspuff gemessenen Ausstoß definiert. Die Art der Herstellung des verwendeten Kraftstoffs findet dabei keine Berücksichtigung. Die Betrachtung erfolgt lediglich an dem Transportmittel selbst, also von „Tank to Wheel“. Da aber auch die Nutzung nachhaltig gewonnener Energie ein wichtiger Aspekt einer ganzheitlichen grünen Antriebswende ist, findet eine Wandlung hin zu einem holistischeren Ansatz statt. Die Betrachtung erfolgt dabei von der Quelle bis hin zum Fahrzeug, also von „Well to Wheel“. Wasserkraft, Windkraft, Fotovoltaik und Geothermie gelten derzeit als Formen mit dem verträglichsten ökologischen Fußabdruck.

Aller guten Dinge sind drei

Es wirkt absehbar, dass der Antrieb der Zukunft einen Technologiemix in Abhängigkeit vom speziellen Anwendungsbereich benötigt. Die drei Energieformen mit momentan größtem Potenzial sind Strom, Wasserstoff und Biokraftstoffe beziehungsweise halbsynthetische Lösungen. Nahverkehre durch mittelgroße Verteil-LKW, die von Hubs zu kleineren Verteilstellen liefern, sind bereits heute gut elektrisch zu betreiben. Auf der Langstrecke hingegen bewegt sich die Entwicklung hin zu (grünem) Wasserstoff. Im Übergang sind zudem hybride Ansätze in Kombination mit Verbrennungsmotoren denkbar. E-LKW mit leitungsgebundener Versorgung stehen außerdem in Diskussion, die infrastrukturelle Umsetzbarkeit bei Hauptverkehrsstrecken bleibt aber fraglich. Anzudenken wäre unter Umständen der Einsatz auf Güter-Kurzstrecken (beispielsweise Hafenanbindung) oder im Güterpendelverkehr. Entscheidend für die Praktikabilität aller Alternativen in der Transportlogistik ist jedenfalls der Aufbau der entsprechenden Infrastruktur.

Teure Konkurrenzfähigkeit

Bernhard Geringer

Fossile Brennstoffe sind kostengünstig, denn

sie müssen nur gewonnen, nicht aufwendig erzeugt werden. Im Vergleich ist die Herstellung neuer synthetischer Kraftstoffe um mindestens 100 %, abhängig von der jeweiligen Art sogar bis zu 400 % teurer. Dies gilt auch wenn der Träger selbst, beispielsweise Wind, kostenfrei verfügbar ist, da die Infrastruktur für die Produktion erst geschaffen sowie die gewonnene Kapazität gespeichert oder gepuffert werden muss.

„Energie wird mit dem Umstieg auf CO2-freie Antriebsformen für uns alle deutlich teurer“, ist Bernhard Geringer überzeugt. Fossile Brennstoffe unterliegen zunehmend höherer Besteuerung, damit Alternativen überhaupt als konkurrenzfähig gelten. Da der enorme aktuelle Energiebedarf national meist nicht zu decken ist, muss importiert werden.

Versuch macht klug!

In Sachen Energiewende und Nachhaltigkeit wurde die Planung bereits von der Realität überholt. Immer ambitioniertere Ziele bedingen schnelllebige Entwicklungen, die von Logistikunternehmen kontinuierlich zu beobachten sind, um am Rad der Zeit zu bleiben. Das frühe Auseinandersetzen mit der Thematik sowie überschaubare Feldstudien sind unerlässlich, meint Bernhard Geringer: „Unternehmen sollten in gewissen kleinen Bereichen alternative Antriebsformen bald einsetzen, um eigene Erfahrungen sammeln zu können.“ Diese wertvollen Praxiseinblicke ermöglichen eine Übertragung der Erkenntnisse zugunsten einer langfristig nachhaltigen Logistikstrategie.

Ideelle Partner der Kompetenzvernetzung Österreichs im Sektor Logistik